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Quedlinburg (Bericht von 2007)

Eine kleine Rundreise durch den Harz

Landschaft bei Hersfeld

Quedlinburg entdecken

Quedlinburg steht auf der Liste der Weltkulturerbe-Städte der UNESCO. 1200 Fachwerkhäuser aus sechs Jahrhunderten in einem mittelalterlichen Stadtverlauf machen den Ort zu einer der wichtigsten historischen Städte Deutschlands. Bekannt sind auch seine fast 1000 jährige Geschichte und seine berühmte Heinrich Sage, dessen Ballade einst Generationen von Schulkindern sangen. Bekannt auch die Ottonen und deren starke Frauen, von deren Wirken der Schlossberg mit seiner Stiftskirche erzählt. Auch eine Benediktinerkirche in der Innenstadt und ein winziger Roland vor dem Rathaus erzählen ihre Geschichte, sowie der Münzenberg, das einstige Revier der Kesselflicker, Bettler und Musiker, denen es im Mittelalter nicht gestattet war, sich nach Einbruch der Dunkelheit noch innerhalb der Stadtmauern aufzuhalten.

Vor dem Schloss sehen wir das Haus des Philosophen Klopstock, nebenan eine Lyonel Feininger-Galerie. Wir selber wohnen in einem ehemaligen Kinderheim, einem Hotel das heute zu einer kleinen Brauerei gehört. Es ist ein schön restauriertes Haus mit Blick auf die Stadtmauer mit ihren Bedienstetenwohnungen und auf den Schlossberg mit der nachts beleuchten Stiftskirche. Fast die Hälfte der alten Fachwerkhäuser sind nach der Wiedervereinigung durch Spendengelder und öffentliche Zuschüsse vor dem Verfall gerettet und professionell restauriert worden. 

Wie uns der Stadtführer jedoch immer wieder zu verstehen gibt, sei diese Restaurierung kein Grund zur Freude, weil viele Wohnungen in der Innenstadt leer stünden. Außerdem hätten auch schon vor der Wende Polen angefangen diese Häuser zu restaurieren. Sonst spricht der Mann wie ein Märchenzähler und mit wechselnder Betonung. Wenn nur diese vielen kleinen Stiche gegen den Westen nicht wären! Auch die Kirche kommt nicht gut weg in dieser Stadtgeschichte und nicht die Sachsen oder gar die männlichen Ottonen.
Nachvollziehbar ist diese kritische Einstellung vielleicht durch die Geschichte im „dritten Reich“ mit dem gefälschten Heinrich I.-Schädel, vor dessen Sarkophag damals tausende von jungen Männern als Soldaten vereidigt wurden. Auf dem Münzenberg taut der Mann sichtlich auf, als er uns die versteckten romanischen Gruften von alten Klostergebäuden zeigt. Zwei der entdeckten mittelalterlichen männlichen Skelette weisen eine Körperlänge von 190 – bis 192 cm auf. Ganz am Ende deutet unser Fremdenführer auf ein kleines zerfallendes Fachwerkhaus, das ebenfalls demnächst restauriert werden soll.

„Eines von diesen Häusern sollte man stehen lassen, damit die Leute sehen, wie menschenunwürdig wir hier wohnen mussten!“ sagt er völlig unerwartet.
Abends schlendern wir noch durch die alten Gassen. Es gibt keine andere Fachwerkstadt mit dermaßen vielen gut restaurierten historischen Gebäuden. Aber es fehlt etwas in diesen Mauern. Es könnte romantisch sein, doch irgendwie vermisst man hier die Gemütlichkeit. Es gibt weder Konzerte um diese Jahreszeit noch gemütliche Lokale. Es gibt drei Sorten Bier in der Hotel-Brauerei aber wir finden keine einzige Weinstube.
Als ich am nächsten Tag vor einem Buchladen zwei Bücher sehe, die mich interessieren, sagt die Verkäuferin barsch, dass ich die nicht kaufen kann. Sie gibt mir zwei eingepackte Exemplare – aber in einem Ton, als ob ich gerade etwas sehr Dummes gemacht hätte. Als ich dann noch wage zu fragen, ob sie auch Postkarten hätten…“Drehen sie sich doch um!“ schnauft sie da, „die stehen hinter Ihnen!“ Immerhin sind die jüngeren Leute sowie die Dame im Spielzeugmuseum sehr freundlich

Kurzer Abstecher nach Werningerrode

Völlig anders ist unser Eindruck von Werningerode. „Hier ging schon in der DDR das ganze Geld hin!“ erklärt uns der Stadtführer. „Weil die Politiker da selber Urlaub gemacht und ihre Staatsgäste untergebracht haben.“ Auf uns wirkt das Städtchen trotzdem sympathisch. Die Leute lächeln, wir sehen mehrere Buchgeschäfte, Cafes, Restaurants und sogar alte Dampf Lokomotiven auf Schmalspurschienen.

Halberstadt
Am Ende unserer kleinen Städtereise kommen wir noch nach Halberstadt mit dem in den letzten Kriegstagen zerbombten gotischen Dom und den herrlichen Laubengängen der Marienkirche. Neben typischen Nachkriegs-Häusern finden wir in der Stadt auch mehrere schöne historische Gebäude. In der ehemaligen Klaussynagoge erfahren wir vom Leben der Halberstädter Juden. Die liebenswürdige Dame in dem jüdischen Museum stammt aus der Ukraine.

J. A.

Reise-Bericht vom 28. Oktober 2007