Opern

Oper in Bremen – Madame Butterfly – am 13.03.2011

1. Inhalt der Oper

Der amerikanische Soldat Pinkerton heiratet für eine Nacht eine junge japanische Geisha. Er verliebt sich sogar vorübergehend in das schöne Mädchen Cio-Cio San, das er zärtlich Madame Butterfly nennt. Die junge Frau aber liebt und bewundert den fremden Mann. Sie glaubt seinen Beteuerungen. Ja, sie fühlt sich als dessen Ehefrau und ihm zu lebenslanger Treue verpflichtet.  Indessen entfremdet sie sich der eigenen Tradition, Kultur und Familie.

Mit ihrer treuen Magd und dem kleinen Sohn, der aus der kurzen Verbindung mit Pinkerton stammt, wartet sie drei Jahre lang sehnsüchtig auf die Rückkehr des geliebten Mannes. Als dieser endlich erscheint, nur um sich sein Kind zu holen und seine amerikanische Ehefrau vorzuzeigen, nimmt  sich die getäuschte  junge Frau  das Leben.

Es ist eine wunderbare, traumhaft erotische wellenförmig schwingende Musik, die Giacomo Puccini zu dieser traurigen Geschichte geschrieben hat. Und eine starke Rolle mit sehr tief berührenden Arien für die Hauptdarstellerinnen. Aber nur eine einzige hervorgehobene Arie für Pinkerton in dieser Oper.

2. Sehr stark dringt die Kritik Giacomo Puccinis an dem hochmütig ignoranten und arroganten Verhalten des amerikanischen – eigentlich westlichen – Eroberers  gegenüber den alten Kulturvölkern des Ostens durch.

Madame Butterfly könnte ebenso in Indonesien gespielt haben, in Vietnam, in Thailand oder in Burma. Überall wo der Hochmut des technisch überlegenen Westens die Kultur des besetzten  Landes und seiner Menschen missachtet hat.

Cio-Cio San steht für einen fernöstlichen Erdteil, der in Bewunderung die fremde Kultur des Eroberers übernimmt. Dies ist das Tragischste an der ganzen Erzählung, die auch die Geschichte der Kolonien ist.

Denn niemals wird ein Volk oder auch nur ein einzelner Mensch in einem ausgeglichenen Seelenzustand existieren können, wenn er seine eigene Kultur und Geschichte verleugnet. Oder wenn er versucht, die Kultur eines fremden Volkes zu übernehmen. Dies gar zu verlangen, ist ein Verbrechen aber auch ein uraltes Mittel vieler Siegermächte, die dem materiell ausgebeuteten Volk zugleich ihre eigene Ideologie, ihre Wertevorstellung und ihre Sprache überstülpen.

Dieses schwierige Thema in einer einzigen Oper mit drei Akten zu vereinigen, ist dem Komponisten Puccini mit der Sprache seiner Musik beeindruckend gelungen.

3. Die Handlung in die heutige Zeit zu verlegen, könnte eine interessante  Herausforderung für jeden Regisseur sein.

Lydia Steier, eine junge amerikanische Regisseurin, hat leider nur eine oberflächliche Karnevaloper daraus gemacht. Halb Klamauk, halb Brutalität, tingelt ihre „Madama Butterfly“ zuerst als singende Schauspielerin über die Bühne eines japanischen Unterhaltungslokals in New York. Ihr Zuhälter oder wie man ihn nennen könnte, ist Mr. Pinkerton, der diesen Unterhaltungs-Barbetrieb betreibt. Eine bereits 15 jährige Tochter der Beiden kümmert sich im zweiten und dritten Akt rührend um die alternde Mutter, die aus unverständlichen Gründen ihrer schrillen Vergangenheit mit Mr. Pinkerton nachtrauert.

Unerwartet wird dabei die Tochter von dem brutalen Heiratsvermittler auf der Bühne vergewaltigt;  anschließend auch der zurückgekehrte Pinkerton von seinen Kollegen und Freunden brutal zusammengeschlagen und später ermordet.

Durch den eingeblendeten deutschen Text  über der Bühne wird jedoch klar, dass der gesungene Wortlaut zum Glück nichts mit der gezeigten Handlung zu tun hat. Und man ahnt,  durch die schönen Stimmen der Künstler hindurch und über die beeindruckende Musik sogar den wahren Inhalt der Oper.

Dies alles jedoch in einer bitteren Wolke von Zigarettenrauch, der daheim noch in der Kleidung zu riechen ist.

4. Am Ende dieser Aufführung kann man sagen, dass nicht nur durch  die erwähnten Kolonialherren wertvolle Kulturschätze veruntreut worden sind!

Johanna Amthor