Etwas übergewichtig, schwer schnaufend, mit rötlichem Gesicht und schütterem Haar kommt mir jetzt der alte Pfarrer Berghammer in meiner Erinnerung entgegen. Joseph Berghammer, der Pfarrer von Gauting.
„Kannst du denn auch schon die Hände richtig falten?“ erkundigte er sich in der ersten Religionsstunde. Dann legte er mir taktvoll noch den rechten Daumen über den linken. Denn das hatte mir die Mutter nicht beigebracht. „So ist es richtig,“ schmunzelte er, „Kind Gottes.“ Vor jeder Stunde begann er zuerst ein atemloses Lied zu singen. „Oh du mein Heiland, hoch und hehr….“ Nicht alle Pfarrer können den Ton halten. Und unser alter Herr hatte auch keine Ziehharmonika oder Flöte mit dabei, wie das Fräulein Winkler.
Dafür hielt er eine große Rolle in der Hand, mit der er zuerst den Takt klopfte, bevor er sie später öffnete. Gespannt warteten wir Kinder, welche biblische Geschichte er uns heute über die Tafel hängen würde…
Vielleicht noch einmal den Moses, der auf dem Berge Sinai* gerade seine Platten mit den zehn Geboten aus einer Wolke gereicht bekam?
Oder das Bild vom Roten Meer, wo sich die Wasserwände, wie eine Straße vor den Israeliten aufhoben? Während ganz hinten, wie man schon sehen konnte, bereits die ersten ägyptischen Reiter in den aufgebauschten Wogen versanken….
Unzählige Bilder brachte uns der alte Pfarrer in seinen Religionsunterricht mit.
Er rollte sie auf und legte sie über die Tafel. Bevor er zu erzählen begann. Altes und Neues Testament waren da illustriert zu sehen. Künstlerisch wohl nicht besonders wertvoll. Aber in einer Zeit ohne Fernsehen, brachten uns die Bilder noch zum Staunen.
Fleißig war der alte Herr wohl auch in der Gemeinde. Und immer trug er kleine Geschenke oder Briefumschläge mit Geld in seiner schwarzen Aktentasche. Für die Familien, die es dringend brauchten…. Ob seine Predigten auch so gut angenommen wurden, kann ich nicht sagen. Sehr intellektuell werden sie wohl kaum gewesen sein.
Aber die Frömmigkeit des alten Mannes und sein Vertrauen auf einen gütigen Gott, gaben auch mir in diesen Kindertagen das sichere Gefühl, beschützt zu sein. Was ich als Flüchtlingskind wohl doch vermisst hatte…
Denn, obwohl mein Vater früher einmal religiös gewesen sein soll. Und obwohl meine Mutter in einem katholischen Hause aufgewachsen war, schien Religion für sie jetzt nur Kultur zu sein.
Später kamen natürlich auch viele andere Religionslehrer in unsere Schulen, Herr Runau, Herr Dr. Dormuth…. Einer davon war auch Kaplan Christoph Haberl, der spätere Pfarrer von Gauting. Mit ihm standen wir noch Jahre lang in brieflicher Verbindung.
Ganz besonders dankbar aber bin ich meinem allerersten Religionslehrer, dem alten Pfarrer Berghammer **- mit seinem gütigen und beschützenden, kinderfreundlichen Gott.
J. A.
* Der Sinai ist in Wirklichkeit kein Berg
** Pfarrer Berghammer kommt auch in meinem Buch „Die Engelschwester“ vor
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„Kannst du denn auch schon die Hände richtig falten?“ erkundigte er sich in der ersten Religionsstunde. Dann legte er mir taktvoll noch den rechten Daumen über den linken. Denn das hatte mir die Mutter nicht beigebracht. „So ist es richtig,“ schmunzelte er, „Kind Gottes.“ Vor jeder Stunde begann er zuerst ein atemloses Lied zu singen. „Oh du mein Heiland, hoch und hehr….“ Nicht alle Pfarrer können den Ton halten. Und unser alter Herr hatte auch keine Ziehharmonika oder Flöte mit dabei, wie das Fräulein Winkler.
Dafür hielt er eine große Rolle in der Hand, mit der er zuerst den Takt klopfte, bevor er sie später öffnete. Gespannt warteten wir Kinder, welche biblische Geschichte er uns heute über die Tafel hängen würde…
Vielleicht noch einmal den Moses, der auf dem Berge Sinai* gerade seine Platten mit den zehn Geboten aus einer Wolke gereicht bekam?
Oder das Bild vom Roten Meer, wo sich die Wasserwände, wie eine Straße vor den Israeliten aufhoben? Während ganz hinten, wie man schon sehen konnte, bereits die ersten ägyptischen Reiter in den aufgebauschten Wogen versanken….
Unzählige Bilder brachte uns der alte Pfarrer in seinen Religionsunterricht mit.
Er rollte sie auf und legte sie über die Tafel. Bevor er zu erzählen begann. Altes und Neues Testament waren da illustriert zu sehen. Künstlerisch wohl nicht besonders wertvoll. Aber in einer Zeit ohne Fernsehen, brachten uns die Bilder noch zum Staunen.
Fleißig war der alte Herr wohl auch in der Gemeinde. Und immer trug er kleine Geschenke oder Briefumschläge mit Geld in seiner schwarzen Aktentasche. Für die Familien, die es dringend brauchten…. Ob seine Predigten auch so gut angenommen wurden, kann ich nicht sagen. Sehr intellektuell werden sie wohl kaum gewesen sein.
Aber die Frömmigkeit des alten Mannes und sein Vertrauen auf einen gütigen Gott, gaben auch mir in diesen Kindertagen das sichere Gefühl, beschützt zu sein. Was ich als Flüchtlingskind wohl doch vermisst hatte…
Denn, obwohl mein Vater früher einmal religiös gewesen sein soll. Und obwohl meine Mutter in einem katholischen Hause aufgewachsen war, schien Religion für sie jetzt nur Kultur zu sein.
Später kamen natürlich auch viele andere Religionslehrer in unsere Schulen, Herr Runau, Herr Dr. Dormuth…. Einer davon war auch Kaplan Christoph Haberl, der spätere Pfarrer von Gauting. Mit ihm standen wir noch Jahre lang in brieflicher Verbindung.
Ganz besonders dankbar aber bin ich meinem allerersten Religionslehrer, dem alten Pfarrer Berghammer **- mit seinem gütigen und beschützenden, kinderfreundlichen Gott.
J. A.
* Der Sinai ist in Wirklichkeit kein Berg
** Pfarrer Berghammer kommt auch in meinem Buch „Die Engelschwester“ vor
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