Wie es wirklich war
Wenn ich im Traum die alte Villa sehe, verdränge ich, wie schäbig der ungepflasterte Hof vor der Eingangstreppe aussah. Ich vergesse die gammeligen Wände der Vorhalle und das zerbrochene Spielzeug, das überall herum lag. Und ich verniedliche die kleinen Kinder, die sich oft plärrend an den ausgeleierten Pullovern zerrten. Denn alle wollten zur gleichen Zeit mit dem alten Tretauto fahren, das sie von den Amerikanern bekommen hatten!
Ich erinnere mich im Traum auch selten an die bittere Luft im Eingangsflur, die sich mit dem Geruch von Bier und Urin vermischte, wenn Herrn Ruhlands Gäste aus der einzigen Toillette kamen.
Dies alles gehörte aber auch mit zu unserer geliebten Villa. So, wie die rankenden Rosen an der Hauswand und die mächtigen Eichen und Blutbuchen im Park.
Ganz gerne denke ich aber noch an die kleinen Kaninchen im Schuppen. Und an den Gemüsegarten, wo unsere ungeübte Mutter versuchte Spinat und Möhren, Zwiebeln und Bohnen zu ziehen. Während die rumänische Großmutter nebenan wohl dreimal so dicke Möhren, Radischen oder Zwiebeln aus ihren Beeten holte! Die sie dann demonstrativ an ihrer blauen Kittelschürze abrieb, um sie, wie eine erlegte Beute, mit wiegenden Schritten nach oben zu tragen.
Mit den vielen Kindern aus unserer Villa hatten wir kaum Kontakt. Nur, wenn die älteste Tochter mich wegen der Hausaufgaben fragte oder wenn sie ein Buch ausleihen wollte, kam sie zu uns herein. Eigentlich war sie ein gescheites Mädchen, aber weil sie immer auf ihre kleinen Geschwister aufpassen musste, vergaß sie oft die Hausaufgaben. Sie war dann im Unterricht schlecht vorbereitet.
Neue Freunde
Am liebsten spielten wir damals mit unseren neuen Freunden auf zwei Bauernhöfen. Im Winter halfen wir, das Futter für die Schweine aus gekochten Kartoffeln und Getreideschrot in die Tröge zu verteilen und aus gehexeltem Stroh und einer Mischung von Zufutter das Fressen für die Kühe zu bereiten. Wenn wir fertig waren, rannten wir in den Heustadel, um auf dem hohen, eckigen Balken zu balanzieren und dann von oben ins Heu zu springen. „Der Sprung ins Ungewisse!“ nannten wir diese Mutprobe.
Im Sommer gingen wir auch gerne mit zum Kühe hüten und versuchten, auf den genervten Tieren zu reiten.
In den großen Ferien kamen unsere Cousinen aus Passau und aus Wien und oft noch einige Schulfreundinnen oder Kinder aus der Siedlung zu uns in die Villa. Selbst unsere halbwüchsigen Cousins, die uns Mädchen damals nur als „Weiber“ bezeichneten, fanden dann auf einmal Gefallen an dem alten Gebäude und an dem großen Park mit den herrlichen Kletterbäumen.
J. A.
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Wenn ich im Traum die alte Villa sehe, verdränge ich, wie schäbig der ungepflasterte Hof vor der Eingangstreppe aussah. Ich vergesse die gammeligen Wände der Vorhalle und das zerbrochene Spielzeug, das überall herum lag. Und ich verniedliche die kleinen Kinder, die sich oft plärrend an den ausgeleierten Pullovern zerrten. Denn alle wollten zur gleichen Zeit mit dem alten Tretauto fahren, das sie von den Amerikanern bekommen hatten!
Ich erinnere mich im Traum auch selten an die bittere Luft im Eingangsflur, die sich mit dem Geruch von Bier und Urin vermischte, wenn Herrn Ruhlands Gäste aus der einzigen Toillette kamen.
Dies alles gehörte aber auch mit zu unserer geliebten Villa. So, wie die rankenden Rosen an der Hauswand und die mächtigen Eichen und Blutbuchen im Park.
Ganz gerne denke ich aber noch an die kleinen Kaninchen im Schuppen. Und an den Gemüsegarten, wo unsere ungeübte Mutter versuchte Spinat und Möhren, Zwiebeln und Bohnen zu ziehen. Während die rumänische Großmutter nebenan wohl dreimal so dicke Möhren, Radischen oder Zwiebeln aus ihren Beeten holte! Die sie dann demonstrativ an ihrer blauen Kittelschürze abrieb, um sie, wie eine erlegte Beute, mit wiegenden Schritten nach oben zu tragen.
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Am liebsten spielten wir damals mit unseren neuen Freunden auf zwei Bauernhöfen. Im Winter halfen wir, das Futter für die Schweine aus gekochten Kartoffeln und Getreideschrot in die Tröge zu verteilen und aus gehexeltem Stroh und einer Mischung von Zufutter das Fressen für die Kühe zu bereiten. Wenn wir fertig waren, rannten wir in den Heustadel, um auf dem hohen, eckigen Balken zu balanzieren und dann von oben ins Heu zu springen. „Der Sprung ins Ungewisse!“ nannten wir diese Mutprobe.
Im Sommer gingen wir auch gerne mit zum Kühe hüten und versuchten, auf den genervten Tieren zu reiten.
In den großen Ferien kamen unsere Cousinen aus Passau und aus Wien und oft noch einige Schulfreundinnen oder Kinder aus der Siedlung zu uns in die Villa. Selbst unsere halbwüchsigen Cousins, die uns Mädchen damals nur als „Weiber“ bezeichneten, fanden dann auf einmal Gefallen an dem alten Gebäude und an dem großen Park mit den herrlichen Kletterbäumen.
J. A.
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